Winterschool 2024 im Landkreis Kulmbach: Praktische Übungen, Netzwerken und die Region kennenlernen

Medizinstudent Julia Michler
Winterschool 2024 im Landkreis Kulmbach

Die „Beste Landpartie Allgemeinmedizin“ (BeLa) führte 40 Medizinstudierende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Mitte Januar zur „Winterschool“ in den oberfränkischen Landkreis Kulmbach. Das Ziel aus Sicht der Veranstalter: Den angehenden Ärztinnen und Ärzte Einblick in die hausärztlichen Tätigkeiten sowie in Klinikabläufe zu verschaffen und die Region kennenzulernen.

Praktische Workshops & Eindrücke aus der Gesundheitspolitik

Auf dem dreitägigen Programm standen praxisorientierte Workshops zu Techniken der körperlichen Untersuchung und dem klugen Umgang mit Geräten in der Diagnostik in der Gemeinschaftspraxis Oberlandärzte in Marktleugast und der Gemeinschaftspraxis Seitter & Tischer in Thurnau. Im Klinikum Kulmbach übten die Medizinstudierenden die Wundversorgung inklusive Nahtkurs und lernten Bilder aus der unfallchirurgischen Versorgung kennen. Für Eindrücke aus der Gesundheitspolitik sorgte eine Diskussion unter anderem mit den beiden Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (CSU) und Johannes Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) im Begegnungszentrum in Marktleugast, zu der die Studierenden eingeladen waren und in der es vor allem um die Zukunft der medizinischen Versorgung auf dem Land ging.

Teampraxis kommt bei Medizinstudierenden an

Und die sehen Medizinstudierende im Team, hat Anja Tischer, die in ihrer Praxis den Teamgedanken lebt, aus den Diskussionsbeiträgen mitgenommen. „Eine Studentin wies darauf hin, dass sie später als Hausärztin zwar Spezialistin für alles sein sollte, es aber nicht ist und sie es deshalb für sinnvoll ansieht, Aufgaben im Praxisteam zu delegieren“, berichtet die Hausausärztin und Bezirksvorsitzende Oberfranken des Bayerischen Hausärzteverbandes, der das Projekt unterstützt. Dem von Emmi Zeulner vorgestellten Konzept der Community Health Nurse, die eigenverantwortlich heilkundliche Aufgaben übernimmt, hätten die Studierenden nicht viel abgewinnen können, beobachtete Tischer, die davon ebenso wenig überzeugt ist. „Es gibt immer wieder Grenzsituationen, in denen letztlich ein Arzt oder eine Ärztin Verantwortung übernehmen muss“, argumentiert sie. „Und ich kann nur Verantwortung übernehmen für Leute, die auch kenne, mit denen ich zusammenarbeite.“

Region kennenlernen und Netzwerk aufbauen

Neben der Vermittlung fachlicher Fähigkeiten geht es bei der Winterschool darum, den Studierenden Einblicke in die Region zu verschaffen und sie für eine spätere hausärztliche Tätigkeit dort zu gewinnen.

Medizinstudent Julia Michler
Im Workshop wurde die körperliche Untersuchung
geübt. Foto: Landkreis Kulmbach

Dazu organisierte die Gesundheitsregion plus Landkreis Kulmbach einen „Kultur-Snack“ in Form einer Führung durch das Deutsche Gewürzmuseum im Mönchshof Kulmbach. Das gemeinsame Zubereiten eines 4-Gänge-Menüs am zweiten Abend der Winterschool bot Gelegenheit zum besseren gegenseitigen Kennenlernen und Austausch – ein Aspekt, der den Teilnehmenden besonders wichtig ist. „Man kann hier sein Netzwerk ausbauen und lernt Leute in unterschiedlichen Stadien der ärztlichen Laufbahn kennen, von Studierenden über Ärzte in Weiterbildung bis zu praktizierende Ärztinnen und Ärzten“, sagt beispielsweise Antonia Baldauf, Medizinstudentin im 9. Semester, die darin einen „Mentoring-Aspekt“ sieht. „Oft habe ich das Gefühl, dass ich mit dem Wunsch beziehungsweise der Vorstellung, später in die Allgemeinmedizin zu gehen, unter Kommilitoninnen und Kommilitonen ziemlich allein dastehe. Da tut es richtig gut, mit Projekten wie der Winterschool eine Gemeinschaft mit anderen zu erleben, die in eine ähnliche Richtung wollen, und die alle sehr herzlich sind“, erklärt sie, warum der Austausch für sie einer der wichtigsten Mitnahmeeffekte des Projekts Winterschool ist.

Teilnahme an Winterschool & Summerschool lohnt sich immer wieder

Das sieht Katrin Schöffel ähnlich, die im 10. Semester Medizin studiert und sich auf ihr 2. Staatsexamen vorbereitet. Auch sie schätzt „die Connections, die man hier knüpft“. Sie hat bereits zum 5. Mal an einer Winterschool oder Summerschool teilgenommen und findet es „cool, was sich die Verantwortlichen alles ausdenken.“ Denn jedes Mal gibt es einen anderen thematischen Schwerpunkt, auch die Orte wechseln, denn zu dem BeLa-Projekt verschiedene Partnerregionen. „Die praktischen Übungen ermöglichen es, Abläufe zu verinnerlichen, man bekommt dadurch ein besseres Gespür dafür und erweitert das eigene Erfahrungsspektrum“, berichtet sie. Außerdem lerne man in den kleinen, interaktiven Workshop-Gruppen viel.

Auch Antonia Baldauf, die ebenfalls nicht zum ersten Mal an einer Winterschool teilnimmt, haben die praktischen Übungen viel gebracht: "Da merke ich schon im Vergleich zu Kommilitoninen und Kommilitonen, die diese praktischen Erfahrungen noch nicht sammeln konnten, dass ich einen Schritt weiter bin“, stellt sie fest.

Gesundheitspolitischer Diskussion: Rückschlüsse auf künftige Arbeitsbedingungen

Und wie kam die gesundheitspolitische Diskussion bei den Studierenden an? „Für mich als Medizinstudentin, die ja noch ein Stück weg ist von der tatsächlichen ärztlichen Tätigkeit, war es spannend, die Perspektiven und Vorstellungen der Politik zur hausärztlichen Versorgung mitzubekommen. Ich habe das Gefühl, dass die jetzige Regierung einiges anstoßen will in der ambulanten Versorgung, was später mal die Rahmenbedingungen meiner eigenen Tätigkeit betrifft“, so Baldauf.

„Für die Teilnehmenden, die noch am Anfang ihres Studiums stehen, hat das vielleicht noch nicht so hohe Priorität, aber mich persönlich interessiert es schon, in welchen Arbeitsbedingungen ich mich nach dem Studium bewegen werde. Damit im geschützten Rahmen konfrontiert zu werden, finde ich wichtig“, sagt auch Schöffel.

Zurück nach Oberfranken für PJ und Weiterbildung

Medizinstudent Julia Michler
Gemeinsames Kochen als Teambuilding-Event.
Foto: Landkreis Kulmbach

Sie weiß bereits, wie es weitergeht nach dem 2. Staatsexamen. „Ich werde zwei PJ-Tertiale in der im Landkreis Kulmbach verbringen, ein Tertial in einer Hausarztpraxis und eins in der Klinik hier.“ Nach einem weiteren PJ-Abschnitt im Ausland und dem 3. Staatsexamen will sie zur Weiterbildung zurück in die Region Oberfranken kommen.

Die Winterschool hat sie darin auf jeden Fall bestärkt: „Es hilft, wenn man schon Gesichter kennt, die Weiterbilder und Verantwortlichen im Landkreis und ihr Engagement persönlich kennengelernt hat“, findet sie. Aber der Einsatz des Instituts für Allgemeinmedizin der FAU spiele ebenfalls eine Rolle: „Es ist toll, wie viel Mühe sich Dr. Bettina Engel, Johannes Gorkotte, Constantin Unger und Monika Lausberg machen beim Koordinieren der Veranstaltungen“, betont sie.

Antonia Baldauf will sich im PJ noch andere Fächer anschauen, aber: „Hausärztin in einer ländlichen Region zu werden, ist für mich eine Perspektive, allerdings in meiner Heimat Niederbayern oder in Oberbayern. In Franken vermisse ich die Berge“, räumt sie ein.

Anja Tischer zieht positive Bilanz

Anja Tischer ist zufrieden mit der zweiten Winterschool, an der sie sich mit ihrer Praxis beteiligt hat: „Wenn bei Teilnehmenden die Lust auf Hausarztmedizin in einer Teampraxis auf dem Land geweckt wird und manche die Winterschool schon nutzen, um PJ-Tertiale und Weiterbildungsabschnitte in der Allgemeinmedizin hier bei uns klarzumachen, ist das ein toller Erfolg.“

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