Hospitation bei erfahrenem Kollegen: „Sie sind jetzt da, wo ich vor 10-15 Jahren war. Machen Sie weiter, Ihr Konzept ist richtig!”

Medizinstudent Julia Michler
Dr. Regina Holl und Dr. Mohammad Ahmadi

Dr. Mohammad Ahmadi ist für bayerische Hausärzte kein Unbekannter: Niedergelassen seit 2012 in einer BAG in Mainstockheim, ist er zudem Mitglied der KVB-Vertreterversammlung und Delegierter des Bayerischen Hausärzteverbandes. Er ist also aus erster Hand informiert, wohin die berufspolitischen Entwicklungen gehen und kennt sich im KV-System bestens aus.
Er und seine Angestellten ließen sich von mir bei der täglichen Arbeit über die Schulter schauen. Ermöglicht wurde dieses Zusammentreffen von „Bavarian Circle Backstage“, einer Initiative des Bayerischen Hausärzteverbandes, die Einblicke in die Praxisstruktur und den Erfahrungsaustausch mit erfahrenen Kollegen fördern will. Mein selbstgewählter Schwerpunkt der auf ca. 2,5 Stunden angelegten Hospitation lag in der Praxisorganisation, sodass ich keine Patientenbehandlungen beobachtete, sondern mich mit den organisatorischen Abläufen in der Praxis und der adäquaten Abbildung der erbrachten Leistungen im KV-System befasste.
Mit zwar langjähriger klinischer Ausbildung als Internistin und Kardiologin aber ohne relevante ambulante Praxiserfahrung habe ich vor knapp 2 Jahren eine Hausarztpraxis in der Nähe von Würzburg übernommen. Vorbereitet auf diese Aufgabe habe ich mich neben natürlich dem Studium von allgemeinmedizinischer Fachliteratur unter anderem mit einer Teilnahme am „Bavarian Circle 2022“ in Gößweinstein sowie mit diversen „Werkzeugkasten“-Modulen. Natürlich kommt dann noch der direkte Austausch mit Kollegen über soziale Medien und in Qualitätszirkeln dazu.

Wertvolle Tipps zur Fehlervermeidung

Eine Hospitation ist eine hervorragende Möglichkeit, die eigene Strategie und Praxisorganisation zu überprüfen und sich von erfahrenen Kollegen den ein oder anderen hilfreichen Tipp abzuholen. So kann so mancher Anfängerfehler vermieden werden, wenn der Kollege von seinen ersten Jahren in der Niederlassung berichtet und was er vielleicht heute anders machen würde. Als Einsteiger wiederum blickt man manchmal etwas unvoreingenommener auf manchen Prozess und kann so auch konstruktiv Potenziale in der Gastpraxis aufzeigen.
Auch Berufspolitik spielt eine Rolle
Auch Fragen zur Berufspolitik und weiteren Entwicklung der ambulanten Medizin und der Rolle des Hausarztes konnte ich mit Herrn Dr. Ahmadi diskutieren, und mir wurde bestätigt, dass mein Konzept der Teampraxis mit hohem HZV-Anteil Zukunft haben wird. Themen wie die zunehmende Verlagerung von Laborkontrollen und Befundbesprechungen von Fachärzten auf die Hausärzte und die Problematik der schlechten Verfügbarkeit bestimmter Facharzttermine waren unter anderem Thema unserer angeregten Diskussion, bei der die Zeit wie im Flug verging. Hier habe ich unkompliziert Lösungsvorschläge und sogar schriftliche Handreichungen vom Kollegen bekommen, die ich in abgewandelter Form auch in meiner Praxis anwenden werde. Zum Abschluss erhielt ich noch eine umfassende Praxisführung nebst Vorstellung des Personals mit den jeweiligen Funktionen, sodass ich mir ein noch besseres Bild über die Praxisorganisation machen konnte. Da ein dankbarer Patient zum Mittag eine große Portion Pizza spendiert hatte, wurde ich auch gleich noch vom Praxisteam auf einen Imbiss eingeladen, bei dem nochmal ein kleiner Austausch mit den MFA stattfand, bevor ich mich wieder auf den Weg nach Hause und in Richtung eigener Nachmittagssprechstunde machte.

Bavarian Circle Backstage ist ein Riesengewinn

Zusammenfassend kann ich die Teilnahme am „Bavarian Circle Backstage“ unbedingt jedem Kollegen empfehlen, der kurz vor der Niederlassung steht oder sich gerade niedergelassen hat. Mich hat die Hospitation so sehr inspiriert, dass ich mir vorgenommen habe, innerhalb des nächsten Jahres gezielt noch 2-3 weitere Praxen mit etwas anderem Spektrum und Ausrichtung nach einer Hospitationsmöglichkeit anzufragen, um einen noch umfassenderen Überblick zu bekommen und dann für mich diese Erfahrungen als Synthese in der eigenen Praxis einfließen zu lassen. Mir ist auch deutlich geworden, welche organisatorischen Schritte es braucht und an welchen Stellschrauben ich zuerst drehen sollte, wenn ich z.B. die Prozesse der Vorsorgeuntersuchungen strukturierter und effizienter abbilden will. Meine Erfahrungen werde ich in den nächsten Tagen mit meinem Team besprechen, das Konzept an unsere Praxis anpassen und nach und nach umsetzen. Sollten wir irgendwo haken, kann ich mich darauf verlassen, dass es nur eines Telefonanrufs bedarf, und schon habe ich den permanent Headset-tragenden Kollegen an der Strippe, der mir sicherlich weiterhelfen wird. Dieses Wissen beruhigt sehr, und ich weiß diese Kollegialität sehr zu schätzen. Vielleicht kann ich diese Erfahrung in einigen Jahren dann meinerseits auch dankbar an jüngere Kollegen weitergeben.

Ich möchte mich auf diesem Wege nochmals ganz herzlich bei Herrn Dr. Ahmadi und seinem Team bedanken, dass sie mir in den knapp 3 Stunden der Hospitation tiefe und ehrliche Einblicke in ihren Praxisalltag gewährt haben. Wir haben unsere Kontaktdaten ausgetauscht, sodass ich auch für die Zukunft einen Ansprechpartner hinzugewonnen habe, sollte ich weitere Fragen haben. Umgekehrt freut es mich, dass ich mit einigen Artikeln aus meiner Literatursammlung der Praxis im Gegenzug ein kleines bisschen Unterstützung in einer konkreten Fragestellung zurückgeben konnte.

 

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